Nachsuche - das oberste Gebot der Waidgerechtigkeit

Seit diesem Jahr darf ich nachsuchen. Dafür war es Herrchen besonders wichtig, zuerst meine Prüfungen bezüglich der Fährtenarbeit gut abzuschließen und eine Eignung zu erhalten. Mittlerweile bin ich in der Lage eine Wundfährte auszuarbeiten.

Nachsuche ist das oberste Gebot der Waidgerechtigkeit. Nachsuche ist Verpflichtung. Ob Lebendsuche oder Todsuche. Wenn Herrchen seine Jagdkleidung anzieht, weiß ich: jetzt wird's spannend. Und wenn er die rote Hose und die rote Jacke anzieht, weiß ich: es gibt Arbeit für mich. Entweder gehen wir auf Drückjagd oder suchen eben nach. Wir laufen zum Auto. Herrchen lässt mich in meine Box springen und nimmt mir die Leine ab. Los geht's. Wir kommen an eine Schlafkanzel. Davor erwartet uns schon ein Jäger. Die Büchse geschultert, das Fernglas in der Hand. Die Kanzelfenster sind noch geöffnet und die Tür steht offen. Herrchen bespricht die üblichen Dinge mit dem Schützen. Wie ist geschossen worden, Geschoß und Kaliber, Wildart, wie hat das Stück nach dem Schuss gezeichnet und wurde der Anschuss bereits verbrochen. Da der Jäger am Anschuss noch nicht nachgesehen hat, steigt er wieder auf die Kanzel und Herrchen lässt sich einweisen um den Anschuss zu finden. So lange muss ich erstmal warten. Herrchen kann anhand des Anschusses eine Aussage treffen, ob das beschossene Stück vielleicht nach kurzer Flucht bereits verendet ist oder ob wir eine Lebensuche erwarten. Er kontrolliert die Eingriffe, Ausrisse und Pirschzeichen in der Umgebung des Anschusses.

Nach kurzer Zeit kommt Herrchen zurück zum Auto und legt mir Schweißhalsung und Schweißriemen an. Wir suchen jetzt schon nach. Das heißt, Herrchen geht nicht von einer Lebendsuche aus. Der Schuss ist knapp drei Stunden her.

Aber der Tracker wird sicherheitshalber angelegt. Im Zweifel lebt das beschossene Stück doch noch, wird flüchtig und ich muss geschnallt werden, um es in einer Hetze zu stellen. Es geht um einen Überläufer. Etwa 40 Kilo. Er wechselte mit einer Rotte aus sechs Überläufern quer über den Acker auf die Kanzel zu. Der Schütze ließ auf etwa 60 Meter fliegen und das beschossene Stück zeichnete, ging allerdings mit der Rotte mit Richtung Reviergrenze. Der Schütze hat den Revierpächter des Nachbarreviers bereits informiert und die Erlaubnis bekommen, das Stück im Zweifel in seinem Revier zu bergen und sich anzueignen. Herrchen hat am Anschuss Schweiß gefunden und Schnitthaar. Ich werde dort angesetzt. Hellroter Schweiß. Deutet auf einen Schuss in die Herz-Lungengegend hin. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist das Stück bereits verendet. Wir kehren zum Anschuss zurück. Ich werde abgelegt und warte voller Erwartung. "Such voran." Herrchen fasst den Riemen kurz und ich arbeite mit tiefer Nase zum Anschuss und verweise. "Such voran." Los geht's. Ich arbeite die Fährte etwa 20 Meter bis an eine Dickung. Ich wäre hindurchgekommen. Aber Herrchen hält es für besser mich abzutragen, um das beschossene Stück, welches eventuell locker im Wundbett sitzt, hochzumachen. Wir brechen also am Dickungsrand ab. Herrchen verbricht den Einwechsel und wir umschlagen die Dickung. Auf der anderen Seite der Dickung sieht man deutliche Fährten und ich zeige Herrchen den Auswechsel und arbeite diesen weiter. Dann wieder Schweiß und ich zeige Herrchen mit meiner Nase, dass da etwas Auffälliges ist. Es sind noch etwa 50 Meter und wir kommen an das verendete Stück. Herrchen lobt mich ausgiebig und ich freue mich über die erfolgreiche Todsuche. Auch wenn diese nur kurz war. Das Stück ist noch etwa 150 Meter gelaufen. Manchmal ist es unfassbar, wie weit beschossenes Wild mit tödlichen Schüssen noch gehen. Die Sau war etwas tief getroffen. Der Jäger erhält den Bruch. Waidmannsheil. Herrchen hilft noch bergen. Dann gehts zurück zum Auto. 


Nachsuchen sind immer wieder spannend und mit jeder Nachsuche wartet eine neue Aufgabe auf uns mit ungewissem Ausgang. Findet man das beschossene Wild, ist es nur eine Kontrollsuche oder steht man nachher Auge in Auge mit einem starken Keiler im Wundbett. Ich habe großen Spaß an der Fährtenarbeit. Ende des Jahres steht dann noch, wie schon gesagt, die Verbandsfährtenschuhprüfung an.

Waidmannsheil und Suchenglück 🐗🌿📯